Wettertipps für Ballonfahrer

Nebel am nächsten Morgen?

Berechnung der Tragfähigkeit bei Inversionen

Nebel?

Wer kennt sie nicht, die leidige Situation: Man hat am Abend vor einer Ballonfahrt die Wettervorhersage über pc_met eingeholt und dabei solche oder ähnliche Formulierung gelesen wie: "Gebietsweise muss mit Nebel gerecht werden, der sich aber im Laufe des vormittags auflöst." Was macht man in diesem Fall: Man plant eine Ballonfahrt oder lässt es bleiben.

Am nächsten Tag ärgert man sich dann, wenn einen die strahlend helle Morgensonne anlacht und man hat keine Ballonfahrt angesetzt oder man hat natürlich zur Ballonfahrt geblasen und die dicke "Suppe" scheint sich nicht auflösen zu wollen. Glück hat man nur dann, wenn man durch Zufall einmal außerhalb des "gebietsweise" gelegen hat. 

Die Standard-Wettervorhersage des DWD für Ballonfahrer  lassen ebensowenig konkrete Ergebnisse zu wie lokale Meteogramme auf der Internetplattform des DWD über Skyview.

Es lassen sich aber dennoch konkretere Rückschlüsse für das Auftreten von Nebel für den nächsten Morgen ziehen: Meteoblue und die Interpretation von Temp's . Meteoblue bietet neben der Möglichkeit sich hervorragende Windprofile für verschieden Zeit- und Gebietsräume anzeigen zu lassen auch die Chance, für jeden beliebigen Punkt in Europa Temps (Soundings) zu erzeugen. Diese Temps sind zwar "nur" gerechnet, dennoch bieten sie mehr Planungssicherheit als die über Radiosondenaufstiege des DWD tatsächlich ermittelten Werte, da diese an nur wenigen Stellen in Deutschland durchgeführt werden. Zum Vergleich kann man sich hier gemessene Temps in Europa anschauen.

Welche Einstellungen sind in Meteoblue wichtig:

meteo_einstellung

Beispieltemp:

temps_02.jpg

Erläuterungen des Temperaturverlaufs:

Im 1000 hPa-Niveau ist die Luft bei ca. 7° C bis zur Höhe von ca. 970 hPa labil geschichtet und kondensiert hier mit einer flachen Nebel- oder Dunstbildung (bei ca. 3° C). Darüber lagert eine flache Inversion mit einem Temperaturanstieg von ca. 3° C auf ca 5° C bis in eine Höhe von 940 hPa. Oberhalb dieser Schicht wird es eine Schicht geben mit rel. beschränkten Sichten bis ca 800 hPA, darüber vermutlich Wolkenbildung.

2. Beispiel:

temps_03.jpg

Taupunktpurve und Temperaturkurve liegen dicht nebeneinander, Verlauf entlang der Feuchtadiabate: Dicker Nebel bis in eine Höhe von 800 hPa bei ca. 6° C Außentemperatur am Boden und -6° C in 800 hPa.

 einige Stunden später: 

temps_04.jpg

Sichtbesserung bei ca. 10° C Außentemperatur.

3. Beispiel:

temps_05.jpg

flacher Bodennebel bei 3° C Außentemperatur, darüber eine kaum merkliche Inversion bis ca 4° C in 950 hPa anschließend abnehmende Temperaturen und einem weiten Auseinandergehen von Taupunkt- und Temperaturkurve mit guten Sichten.

wenig später:

temps_06.jpg

der Nebel hat sich weitgehend aufgelöst, ca. 4° C in 1000 hPa und 950 hPa, darüber abnehmender Temperaturverlauf entlang der Feuchtadiabate (0,65° C), Nullgradgrenze bei ca. 870 hPa (ca. 1200 m).

Einfluss einer Inversion auf die Tragfähigkeit

Die morgendliche Inversion hat schon eine Menge Vorzüge, startet und landet man unter ihr doch in einer relativ ruhigen Atmosphäre während es oberhalb schon ziemlich flott her gehen kann. Weite Ballonfahrten bei ruhigem Start und ruhiger Landung können so problemlos durchgeführt werden. Die genaue Kenntnis der Inversionshöhe und deren Mächtigkeit sind hier entscheidendes Kriterium.

Inversionen haben leider auch einen wesentlichen Nachteil - gerade in Zeiten hoher Außentemperaturen im Sommer, wenn man den Ballon an der Beladungsgrenze startet - nämlich dann, wenn die Inversion sehr kräftig ausfällt. Das Dumme ist, dass man auch mit einem Blick aus dem Fenster die Temperaturzunahme nicht wahr nimmt. Folgender Fall zeigt schon eine ziemlich hässliche Situation:

- Temperatur zur Startzeit: 3° C
- Bodendruck in 100 m 1000 hPa
- Startgewicht 850 kg bei 2600 m³ Hüllenvolumen

In diesem Fall startet man bei 100° C Hüllentemperatur an der Beladungsgrenze. Kommt nun noch eine kräftige Inversion auf 10° C bis in 500 m dazu, hat man ruckzuck 120° C in der Hülle und ärgert sich, dass man den 100 kg-Mensch nicht aus dem Korb schmeißen kann. Dann stimmt's nämlich wieder mit der Beladung. Ein ähnliches Beispiel beschreibt Dr. Reiber.

Die Lösung ist auch hier Meteoblue und das Verständnis von Temp's.

Wie wird nun die Tragfähigkeit unter Einbeziehung oben beschriebener Situation berechnet? Dazu folgender Temp zur Startzeit: 

temps_10.jpg

Der Temp zeigt ab 1000 hPa-Niveau bei ca. 3° C eine kräftige Temperaturzunahme auf 10° C in 950 hPa, d.h. eine Temperaturzunahme von ca. 1,75° C/100m. Da wir als ISA-Temperaturgardienten keine negativen Werte in die Tragkraftberechnung eintragen dürfen, verlagern wir unsere Startplatzhöhe einfach auf das 950 hPa-Niveau, ca. 500 m und übernehmen die Temperatur in dieser Höhe, also 10° C. Unsere Berechnung beginnt also auf 500 m Startplatzhöhe und 10° C Außentemperatur. Den ISA-Temperaturgradient können wir in diesem Fall so belassen, da er der feuchtadiabatischen Temperaturabnahme entspricht (0,65° C). Die Berechnung zeigt uns, dass wir um ca. 113 kg überladen sind, d.h. unsere Tragfähigkeit ist nur noch ca. 736 kg.

Ein weiteres Beispiel:

Folgender Temp zeigt eine durchaus typische Winterwetterlage mit ausgezeichneten Bedingungen für eine Ballonfahrt:

 

temps_11.jpg

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Temperaturverlauf zeigt auf dem 1000 hPa-Niveau eine Temperatur von -7° C mit einer mächtigen Inversion bis ins 850 hPa-Niveau mit ca +4° C, also eine Temperaturzunahme um ca 11° C (Meteoblue, vom 30.12.2008, 8:00 UTC)

Wir stellen für dieses Beispiel folgende Vergleichsrechnung an:
Volumen          : 2600 qqm
Startplatzhöhe: 200 m
Temperatur     : -7° C
QNH                 : 1034 hPa --> ergibt eine Tragfähigkeit von 984 kg, auf 850 hPa-Niveau (ca. 1500 m) immerhin noch eine Tragfähigkeit von ca. 940 kg bei einem ISA-Temperaturgradienten von 0,65° C ohne Berücksichtigung der Inversion.

Berücksichtigen wir die Inversion, ergibt sich folgende Tragfähigkeit im 850 hPa-Niveau:
Volumen           : 2600 qqm
Startplatzhöhe: 1500 m (850 hPa)
Temperatur     : 4° C

QNH                  : 1034 hPa  --> ergibt eine Tragfähigkeit von 728 kg, das sind mehr als 210 kg weniger!!!! Der ISA-Temperaturgradient (0,65° C) oberhalb 850 hPa ist in diesem Fall auch korrekt (entspricht dem feuchtadiabatischen Temperaturgradienten = gestrichelte Linie)

Unsere Beladungsgrenze ist also 728 kg und nicht 940 kg für diesen Ballon bei diesen Wetterbedingungen, wenn man ca. 1500 m hoch fahren will.

Der Hinweis auf eine Inversion ist übrigens auch ein hervorragendes Argument, um Ballongäste für eine winterliche Ballonfahrt zu animieren: "Je höher wir steigen, um so wärmer wird's" Lächelnd